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Parasitäre Sozialsysteme und funktionale Differenzierung der Gesellschaft
Forschungsprojekt: Prof. Dr. Wolfgang Ludwig Schneider
Die Systemtheorie beschreibt die moderne Gesellschaft als Population von Teilsystemen wie Politik, Ökonomie, Recht, Wissenschaft etc., von denen jedes auf die Erfüllung einer bestimmten sozialen Funktion spezialisiert ist.
Eine ganze Reihe von Phänomenen von geradezu aufdringlicher empirischer Präsenz wie etwa transnationaler Terrorismus, Warlord-Formationen, klientelistische Netzwerke, organisierte Kriminalität und mafiöse Strukturen lassen sich bisher in diesen Rahmen nicht adäquat einordnen.
Innerhalb des Arbeitsgebiets wird deshalb die Möglichkeit untersucht, die Theorie funktionaler Differenzierung zu ergänzen durch einen theoretischen Ansatz, der die erwähnten Phänomene als „parasitäre Sozialsysteme“ rekonstruiert, die sich in die Reproduktionsprozesse der Funktionssysteme der Weltgesellschaft einkoppeln.
Dies würde bedeuten, dass die genannten Phänomene nicht etwa als Restbestände vormoderner Strukturen, als Folge unzureichender Modernisierung bzw. als Ergebnis historisch kontingenter gesellschaftlicher Konstellationen zu begreifen und als vorübergehende Erscheinungen zu betrachten wären.
Stattdessen wäre zu vermuten, dass sie in der Differenzierungsform der modernen Gesellschaft verankert sind, die dadurch ständig gefährdet ist und sich gegen entsprechende Störungen immer wieder neu durchsetzen muss.
Von besonderem Interesse sind dabei auch die sozialen Formen, die parasitäre Sozialsysteme annehmen, d.h. inwiefern und unter welchen Bedingungen sie sich etwa primär über wiederkehrende Anlässe der face-to-face Interaktion und/oder durch die Bildung von Organisationen bzw. die Formierung von Netzwerken reproduzieren.